Guerilla Gardening: Starte die Pflanzenrevolution!
Ein Gänseblümchen als Zeichen des Widerstands? Blumengießen als rebellische Aktion? Willkommen in der Welt des Guerilla Gardenings! Hier gilt die Devise: Wir bepflanzen die Stadt – um Erlaubnis fragen wir später. Erfahre hier, woher die Idee stammt, welche Philosophie dahintersteckt und wie du selbst Gartenrebell*in werden kannst!
Definition: Was ist Guerilla Gardening?
Als „Guerilla Gardening“ bezeichnet man die heimliche Aussaat von Pflanzen auf öffentlichen Flächen, ohne vorher eine Genehmigung einzuholen. Grund dafür kann der Wunsch sein, die Stadt schöner und bunter zu machen – oder urbane Selbstversorgung zu betreiben. Noch häufiger aber liegt ein politisches Motiv dahinter: Mit diesen Protestaktionen wollen die „Guerilleros/Guerilleras“ (also die Pflanzaktivist*innen) Kritik üben an der Umweltpolitik, der Agrarindustrie oder an der zunehmenden Verbauung von Grünflächen.
Wie alles begann: Guerilla Gardening und seine Geschichte
Seine Wurzeln hat das Guerilla Gardening im New York City der 1970er-Jahre: Eklatant gestiegene Mietpreise haben ganze Stadteile in Geisterviertel verwandelt, heruntergekommene, verlassene Grundstücke prägen das Stadtbild.
Eine Gruppe von Aktivist*innen beginnt kurzerhand, die brachliegenden Flächen zu begrünen. Sie nennen sich die „Green Guerillas“ – das Guerilla Gardening ist geboren.
Schnell verbreitete sich die Idee in Städten auf der ganzen Welt. Aus den wilden Gärten entwickelten sich vielfach gemeinschaftliche Gartenprojekte, die den Zusammenhalt in der Nachbarschaft stärkten.
Recht und Ordnung: Ist Guerilla Gardening eigentlich legal?
Zwar stecken hinter dem wilden Gärtnern höchst lobenswerte Motive. Aber: Guerilla Gardening ist illegal. Es handelt sich nämlich – per Definition – um das Bepflanzen von Flächen, die einem selbst nicht gehören, und zwar ohne Genehmigung. Und das ist in Österreich bzw. Deutschland verboten und kann als Sachbeschädigung bestraft werden.
Fakt ist aber: Die Behörde drückt in der Regel die Augen zu. Meist begrüßt es die Stadtgemeinde sogar, wenn ungenutzte Flächen verschönert werden.
Was das für dich persönlich und dein Vorhaben, deine Stadt zu begrünen, bedeutet? Wenn du auf der sicheren Seite sein möchtest, dann hast du bestenfalls für die Bepflanzung deiner auserkorenen öffentlichen Fläche eine Genehmigung vorliegen oder um Erlaubnis gefragt.
Guerilla Gardening goes Urban Gardening
Zum Teil hat das Guerilla Gardening seine rebellischen Teenie-Jahre hinter sich gelassen und sich zum Urban Gardening oder Urban Farming weiterentwickelt. Das heißt, es hat sich aus der illegalen Grauzone heraus in eine erlaubte und vielerorts sogar begrüßte Form des städtischen Gärtnerns verwandelt, zum Beispiel im Falle von Brachflächen, deren Bepflanzung von der Stadt genehmigt werden. Die politische Motivation der Aktivist*innen blieb aber bestehen – sie setzen sich immer noch für ihre Überzeugungen ein.
Pflanzenpolitik: die Ziele von Guerilla Gardening
Was will das Guerilla Gardening aber eigentlich konkret bewirken? Das wilde Grün soll zum Beispiel auf Fehlentwicklungen in der Stadtplanung aufmerksam machen. Folgende Ziele können noch dahinterstecken:
- Öffentlichen Raum zurückholen: Die „Guerilleros/Guerilleras“ sind dagegen, dass immer mehr städtische Flächen privatisiert werden. Sie wollen Räume schaffen, die jede*r nutzen kann.
- Protest gegen zunehmende Bebauung: Asphalt statt Wiese, Hotel statt Park – gegen solche Entwicklungen protestieren die rebellischen Gärtner*innen. Mit Guerilla Gardening soll ein Stück Grün in die Stadt zurückkehren.
- Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln: Ob Pilze im Park, Tomaten am Straßenrand oder Salat im Hinterhof – mit Guerilla Gardening nehmen Stadtbewohner*innen ihre Lebensmittelversorgung wieder selbst in die Hand.
- Protest gegen Missstände in der Landwirtschaft: Guerilla Gardening wendet sich auch gegen schädliche Praktiken der konventionellen Landwirtschaft, etwa Monokulturen, Pestizide oder Gentechnik.
Apropos Landwirtschaft: Die könnte auch durch das Market Gardening verändert werden. Dabei handelt es sich um ressourcenschonenden Gemüseanbau auf kleiner Fläche – ziemlich genial, oder?
Guerilla Gardening: 4 Ideen für rebellische Gärtner*innen
Welche Formen des zivilen gärtnerischen Ungehorsams gibt es nun? Werfen wir einen Blick darauf, wie die „Guerilleros/Guerilleras“ ihr rebellisches Saatgut an den Mann – oder sagen wir: die städtische Grünfläche – bringen.
Vielleicht ist ja bei den folgenden 4 Guerilla-Gardening-Ideen etwas für dich dabei?
Make seedbombs, not war: Samenbomben basteln
Die Samenbomben sind ein absoluter Klassiker in der Guerilla-Gardening-Szene. Aber keine Angst: Wenn diese „Bomben“ explodieren, wird es für niemanden gefährlich – sie sind ganz und gar friedlich. Statt Zerstörung hinterlassen sie nämlich eine Spur an fröhlich bunten Blüten. Und bestehen aus Erde, Ton und Blumensamen. Du siehst einen Ort, der Verschönerung bräuchte? Vielleicht lässt du darauf einfach mal deine Samenbombe fallen …
Das Beste aber ist: Du kannst Samenbomben recht einfach selbst herstellen. Wir zeigen dir hier, wie es geht. (Wie du sie dann benützen möchtest, bleibt ganz dir überlassen).
Du brauchst:
- Blumensamen (z. B. Ringelblumen, Kornblumen, Kamille, Sonnenblumen, Klatschmohn)
- Ton- oder Lehmpulver (z. B. Bentonit, du erhältst es im Baustoff- oder Tierfachgeschäft)
- Erde
Mische die 3 Bestandteile im folgenden Verhältnis zusammen:
- 1 Teelöffel Samen
- 4–5 Esslöffel Ton- oder Lehmpulver
- 4–5 Esslöffel Erde
Danach gibst du teelöffelweise Wasser dazu, bis ein fester Teig entstanden ist. Forme die Masse zu golfballgroßen Kugeln. Nun musst du sie noch 2–3 Tage trocknen lassen – und fertig sind die Samenbomben!
Grün, grün, grün ist meine Mauer: Das Moos-Graffiti
In deiner Umgebung gibt es eine öde Betonmauer? Dann verziere das Ganze doch mit ein bisschen lebendigem Graffiti! Die Rede ist von Moos-Graffiti – also einer gezielten Bepflanzung mit Moos in verschiedenen Motiven.
Und so geht’s:
- Wähle einen geeigneten Standort aus. Es sollte sich um eine Mauer handeln, die den Großteil des Tages im Schatten liegt.
- Mische 2 Tassen Moos, 1 Tasse Buttermilch, 1 Tasse Bier und 1/2 Teelöffel Zucker zusammen.
- Mixe das Ganze mit einem Pürierstab kurz durch.
- Trage die Masse mit einem Pinsel auf die Mauer auf und male dabei das gewünschte Motiv.
- Besprühe das Ganze jeden Tag mit Wasser, damit das Moos genug Feuchtigkeit bekommt.
Tipp: Es gibt über 16.000 Moose, von denen nicht alle auf Steinwänden wachsen. Achte also darauf, eine passende Moos-Art zu verwenden.
Die Insel der Blumen: Baumscheibe bepflanzen
Nein, mit „Baumscheibe“ ist nicht etwa ein Stück Holz gemeint. Vielmehr geht es um den kleinen Fleck Erde rund um Bäume in der Stadt, z. B. auf Verkehrsinseln. Nicht selten handelt es sich hier einfach um nackte Erde – und das kann natürlich kein*e Guerilla-Gärtner*in so stehen lassen!
- Wie wäre es damit, hier ein paar Wildblumen auszusäen?
- Vielleicht eine bienenfreundliche Saatmischung, damit du gleichzeitig auch was für die Rettung der Bienen tust?
- Oder du pflanzt ein paar robuste Küchenkräuter aus, sodass dir künftig das würzige Aroma von Oregano um die Nase weht?
Freche Pilzköpfe: Guerilla Mushrooming im Park
Pilzesuchen geht nur im Wald? Das lässt sich ändern! Wenn du ein bisschen nachhilfst, sprießen die leckeren Schwämme bald auch im Park um die Ecke. Suche dir dazu ein schattiges Plätzchen, idealerweise mit hoher Luftfeuchtigkeit.
Dann gräbst du etwas Pilzsubstrat (z. B. Hackschnitzel, die mit Pilzmyzel durchwachsen sind) in die Erde ein und bedeckst das Ganze wieder mit etwas Erde. Mit ein bisschen Glück schießen schon nach ca. einem Monat die Pilze aus dem Boden.
Möchtest du die Pilze essen, dann erkundige dich vorher, ob die Fläche mit Pestiziden behandelt wurde.
Tipp: Wie du das Pilzsubstrat herstellst, das verraten dir Magdalena Wurth und Moritz Wildenauer in „Pilzgeflüster“.
Dos and Don’ts beim Guerilla Gardening
Auch wenn es beim Guerilla Gardening keine Regeln gibt: Ein paar Grundsätze gilt es zu befolgen, damit dir die Pflanzaktion auch wirklich Freude bereitet und auch die Umwelt davon profitiert.
Yes, please: Das solltest du tun
- Flächen auswählen, die aktuell wirklich niemand nutzt: So kannst du Unmut verhindern und dein Prachtstück kommt inmitten von Kargheit und Beton am schönsten zur Geltung. Im besten Fall hast du außerdem eine Genehmigung dafür – oder du stehst auf den Nervenkitzel.
- Bodenbeschaffenheit und Lage beachten: Pilze in der prallen Sonne oder Tomaten im Schatten? Keine so gute Idee.
- Deine Pflänzchen hegen und pflegen: Bei den meisten Gewächsen ist es mit einmaligem Aussäen nicht getan – du musst sie auch gießen, zurechtstutzen usw. Du willst ihnen ja ein langes Pflanzenleben ermöglichen und dafür sorgen, dass sich viele Menschen und Nützlinge an ihnen erfreuen.
- Dich zusammenschließen: In vielen Städten gibt es eine aktive Guerilla-Gardening-Szene, die regelmäßig Aktionen plant. Am besten du googelst einfach nach deiner Stadt.
No, thanks: Das bitte unterlassen
- Exotische Pflanzenarten wählen: Diese können z. B. bestehende Arten verdrängen oder zum Problem für Insekten und Vögel werden. Halte dich deshalb an heimische Blumen und Kräuter.
- Dein Herz an die Pflanzen hängen: Ob sie nun von Kindern ausgerissen, von Hunden zertrampelt oder der Behörde entfernt werden – es liegt in der Natur des Guerilla Gardening, dass die gepflanzten Gewächse immer wieder verschwinden.
Wenn du dich an diesen Leitlinien orientierst, sollte dem wilden Sprießen aber nichts mehr im Wege stehen!
Guerilla Gardening in Aktion: 2 spannende Initiativen
Sie agieren geheim und hinterlassen: Blumen! Oder Gemüse. Oder Kräuter. Wir folgen der grünen Spur der „Guerilleros/Guerilleras“ und stellen euch zwei inspirierende Initiativen vor:
Der Längenfeldgarten in Wien
Direkt neben dem Skatepark in der Längenfeldgasse befindet sich ein gemeinschaftlich geführter Stadtgarten: der Längenfeldgarten. Im Jahr 2010 wurde die ungenutzte Fläche zwischen Wienfluss und U-Bahngleisen in einer Guerilla-Gardening-Aktion bepflanzt. Mittlerweile wachsen dort seit über 10 Jahren Gemüse, Blumen und Kräuter. Der städtische Garten hat sich fest in der Nachbarschaft etabliert.
Die Prinzessinnengärten in Berlin
Aus einer verwahrlosten Fläche am Moritzplatz in Berlin entstanden 2009 die Prinzessinnengärten: ein lebendiger Nutzgarten mitten in der Stadt. In zahllosen Kisten, Kästen und Hochbeeten wächst und sprießt es nun, dass es nur so eine Freude ist. Der Garten dient als Treffpunkt und ökologischer Bildungsort, an dem Interessierte sich austauschen und voneinander lernen können.
Guerilla Gardening: nicht fragen, einfach lospflanzen
Die Mühlen der Behörde mahlen oft langsam. Deshalb fackelt man beim Guerilla Gardening nicht lange, sondern legt einfach mal los mit der Begrünung. So entstehen schnell fröhliche Farbtupfer im städtischen Grau: eine Samenbombe nach der anderen. Wenn dir das Ganze doch ein bisschen zu verwegen ist, dann ist vielleicht Urban Farming das Richtige für dich – hier bewegt sich der Pflanzspaß im legalen Bereich.
Langweilige Flächen zum Leben erwecken ist genau dein Ding? Dann schau dir mal unsere Bücher rund um das städtische Gärtnern an:
Ein Kommentar zu “Guerilla Gardening: Starte die Pflanzenrevolution!”
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