Entwirrung im Greenwashing-Dschungel: Wie man nachhaltige Bemühungen von trügerischem Image unterscheidet
In einer Welt voller Werbeversprechen, grüner Etiketten und vermeintlich umweltfreundlicher Produkte stehen wir oft vor der Herausforderung, echte Bemühungen für die Umwelt von Greenwashing zu unterscheiden. Unser Artikel beleuchtet, auf welche Weise Unternehmen diese Strategie für sich nutzen, gibt Tipps zur Erkennung konkreter Praktiken und zeigt auf, welchen Beitrag Firmen selbst leisten können, um effektiv gegen Greenwashing vorzugehen.
Definition: Greenwashing
„Greenwashing bezeichnet den Versuch von Organisationen, durch Kommunikation, Marketing und Einzelmaßnahmen ein ‚grünes Image‘ zu erlangen, ohne entsprechende Maßnahmen im operativen Geschäft systematisch verankert zu haben. Bezog sich der Begriff ursprünglich auf eine suggerierte Umweltfreundlichkeit, findet dieser mittlerweile auch für suggerierte Unternehmensverantwortung Verwendung.“ (Prof. Dr. Nick Lin-Hi, Gabler Wirtschaftslexikon)
Warum wird Greenwashing betrieben?
Warum betreiben Unternehmen also Greenwashing, anstatt echtes Umweltbewusstsein voranzutreiben? Die Gründe mögen vielseitig erscheinen, laufen aber alle auf ökonomisches Interesse hinaus:
- Gestiegenes Umweltbewusstsein bei Kund*innen: Der Wunsch nach grünen, nachhaltigen, recycelten und umweltschonenden Produkten wächst bei den Konsument*innen. Damit Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben, muss diesem Wunsch nachgegangen werden.
- Geringerer Aufwand: Es ist kostengünstiger und einfacher, die Unternehmenskommunikation anzupassen, anstatt ernsthaft an einer nachhaltigen Wertschöpfungskette zu arbeiten.
- Besseres Image: Umweltfreundliche Produkte verbessern das Image des Unternehmens, was zu mehr Vertrauen und folglich mehr Umsatz führt.
- Höhere Preise: Grüne Produkte können höhere Preise erzielen, da Kund*innen oft bereit sind, für nachhaltige Optionen mehr zu zahlen.
- Politische Vorteile: Greenwashing ermöglicht es, mehr politische Unterstützung zu erhalten. Indem Standards vermeintlich freiwillig eingehalten werden, entgehen Unternehmen möglichen strengeren Regulierungen.
Greenwashing ist nicht gleich Greenwashing
Es gibt ganz unterschiedliche Arten, wie Unternehmen Greenwashing betreiben und so versuchen, die Konsument*innen hinters Licht zu führen. Terra Choice Environmental Marketing Inc. hat sechs Strategien des Greenwashings herausgearbeitet:
- Versteckte Kompromisse: Aufdringliche Werbespots und Worte betonen die nachhaltigen Aspekte und lenken so von den umweltschädlichen Praktiken ab.
- Fehlende Beweise: Es werden gezielt Aussagen und Wörter benutzt, die schwer nachvollziehbar sind und ohne eine Zertifizierung (von unabhängigen Stellen!) nichts über die tatsächliche Nachhaltigkeit aussagen.
- Vage Aussagen: Firmen setzen undeutliche oder mehrdeutige Statements ein, um ein positives Image zu schaffen. Ein Wording wie „nachhaltige Baumwolle“ sagt noch nichts über die Produktion etc. aus.
- Irrelevanz: Allgemeine Slogans wie „Wir müssen den Planeten für zukünftige Generationen schützen“ werden genutzt, ohne konkrete Taten folgen zu lassen.
- Beschönigung: Von Aspekten an Produkten, die der Umwelt oder der menschlichen Gesundheit schaden, werden durch positive Aussagen aktiv abgelenkt, wie im Beispiel von Fast-Food-Produkten mit Bio-Label.
- Falschaussagen und unerkannte Labels: Unternehmen behaupten, Produkte seien „nachhaltig zertifiziert“, obwohl solche Labels nicht existieren. Oder es werden von vornherein falsche Aussagen getätigt.
Wie Greenwashing erkannt werden kann
Jetzt wurde bereits klar, was Greenwashing ist, warum und vor allem wie es betrieben wird. Die Folgen sind nicht nur für die Umwelt fatal, sondern auch für Verbraucher*innen. Sie haben Schwierigkeiten, die tatsächliche ökologische Wertigkeit von Produkten zu erkennen, da die Vielzahl von Öko-Siegeln und verwirrenden Informationen den Unternehmen ermöglicht, grüne Werbung zu betreiben. Beispielsweise können Bilder von glücklichen Freilandkühen auf Milchpackungen falsche Assoziationen wecken. Oft wird auch das Weglassen von stigmatisierten Zutaten betont, um den Eindruck von Gesundheitsbewusstsein oder Umweltfreundlichkeit zu vermitteln. Angesichts dieser Herausforderungen ist es für Verbraucher*innen wichtig, dieses Greenwashing erkennen zu können. Das ist im Gütesiegel-Dschungel alles andere als einfach, aber folgende Punkte helfen dabei:
- Achte auf unklare Begriffe: Sei skeptisch bei vagen Ausdrücken wie „natürlich“ oder „nachhaltig“, da sie nicht geschützt sind.
- Hinterfrage hervorgehobene Aspekte: Unternehmen, die nebensächliche Details betonen, könnten von problematischen Praktiken ablenken. Recherchiere am besten noch etwas weiter und Frage auch bei den Unternehmen selbst hartnäckig nach.
- Offenheit ist ein gutes Zeichen: Glaubwürdige Unternehmen sprechen offen über ihre Bemühungen und Schwächen im Bereich Nachhaltigkeit.
- Nutze Apps und Websites: Mittlerweile gibt es einige Plattformen, die Informationen über Produkte und Unternehmen bereitstellen oder mit denen du Inhaltsstoffe checken kannst.
- Prüfe Zertifikate: Überprüfe, ob angegebene Zertifikate oder Labels wirklich existieren und seriös bzw. aussagekräftig sind – nach welchen Kriterien werden sie vergeben?
Das können Unternehmen leisten
Wenn Unternehmen Greenwashing vermeiden wollen, werden sie es einfach nicht betreiben. Ganz einfach, oder? Aber da geht noch mehr: Das Wichtigste ist eine transparente Kommunikation. Keine*r von uns ist perfekt. Hier ist es wichtig, klar zu vermitteln, in welchen Bereichen das Unternehmen sich noch verbessern kann, aber auch bereits gemachte Fortschritte können sachlich betont werden. Und warum nur passiv kein Greenwashing betreiben, wenn man sich auch aktiv dafür einsetzten kann, dass es klare Regulationen und Gesetzte dagegen gibt.
Grünes Image = Greenwashing?
Auch wenn die Realität zuerst ernüchternd erscheint, betreiben nicht automatisch alle Unternehmen Greenwashing, welche ihre Nachhaltigkeit betonen. Viele Firmen durchlaufen mittlerweile einen Umstellungsprozess und ersetzen schrittweise schädliche Produkte durch nachhaltige Alternativen. Diese Adaption erfordert Zeit, und es zeigt sich nach und nach, dass Veränderungen im Gange sind. In einer Zeit des Wandels können das bewusste Handeln der Verbraucher*innen schon ein Schritt in die richtige Richtung sein und Unternehmen so zu echtem Umweltbewusstsein bewegen. Denn nur mit Maßnahmen von politischer und unternehmerischer Seite kann das Problem von Greenwashing und des Klimawandels im Großen angegangen werden.
Buchempfehlung: Das beste Mittel gegen Greenwashing ist aber immer noch das Selbermachen bzw. -anbauen: So weißt du genau, wie dein Endprodukt entstanden ist. Ob Obst, Gemüse oder Kräuter – alles, was aus deinem Garten, von deiner Terrasse oder aus dem Blumentopf kommt, darfst du zu Recht „grün“ nennen. Unsere Bücher unterstützen dich hierbei: