Brotteig gehen lassen: Wie viel Ruhe braucht mein Teig?
Unter uns: Der Brotteig ist ein ziemlich undisziplinierter Zeitgenosse. Er lebt nämlich nach der Devise „sich einfach mal so richtig gehen lassen“. Aber im Endeffekt ist das eigentlich eine gute Sache. Denn so wird das Brot richtig luftig und saftig. Wir erklären dir hier, welchen Brotteig du wie lange gehen lassen musst und was es dabei alles zu beachten gibt. Zum Schluss verraten wir dir ein fantastisches Über-Nacht-Roggenbrot-Rezept von Christina Bauer!
Bitte nicht stören: Warum muss man das Brot gehen lassen?
Mischen, kneten und ab in den Ofen – es könnte doch alles so schnell gehen! Warum muss man das Brot überhaupt gehen lassen? Die Erklärung ist eigentlich ganz einfach: Die nützlichen Hefepilze brauchen Zeit, um ihr Werk zu tun.
Die Hefe (entweder gekaufte Hefe oder Sauerteighefe) zersetzt einen Teil der Stärke, welche im Mehl enthalten ist, und dabei entsteht Kohlendioxid. Dieses Gas treibt den Teig nach oben und macht ihn schön locker und luftig. Ohne die Hefe oder bei zu kurzer Gehzeit wird aus dem Teig kein fluffiges Brot, sondern ein steinähnlicher Fladen.
Gut zu wissen …
Ein paar häufige Fragen zur Brot-Rastzeit beantworten wir gleich vorneweg:
Kann man das Brot auch über Nacht gehen lassen?
Ja, das ist möglich. Brot über Nacht gehen zu lassen ist äußerst praktisch, weil man dann gleich frisches Brot zum Frühstück backen kann. Wichtig ist es dabei, die Hefemenge zu reduzieren (ca. halbieren), da die Hefepilze ja viel länger Zeit zum Arbeiten haben. Alternativ kann der Teig auch im Kühlschrank übernachten, denn dort arbeitet der Hefepilz langsamer. Für ein Beispielrezept mit Über-Nacht-Teig scrolle einfach nach unten zum Abschnitt über die lange Teigführung.
Kann man Brotteig im Kühlschrank gehen lassen?
Brotteig mit Hefe kann man auch kalt gehen lassen. Bei der sogenannten „kalten Teigführung“ verwendet man statt lauwarmem Wasser bzw. lauwarmer Milch nur kalte Flüssigkeiten. Anschließend kommt der Teig sofort in den Kühlschrank und darf dort über Nacht gehen. Vor dem Backen lässt man den Hefeteig noch einmal 20 Minuten bei Zimmertemperatur rasten.
Kann man Brot zu lange gehen lassen?
Ja, bei der Gehzeit gibt es ein „Zuviel“. Sauerteigbrote schmecken dann beispielsweise zu sauer und Hefeteig kann in sich zusammenfallen.
Sehen wir uns nun an, was beim Gehenlassen alles zu beachten ist. Prinzipiell kommt es stark auf die Art des Teigs an: Im Folgenden findest du die wichtigsten Infos zu gewöhnlichem Hefeteig, dem Sauerteig und Über-Nacht-Hefeteig.
Hefeteig: Geht richtig schnell!
In gekaufter Hefe (frisch oder trocken) sind eigens gezüchtete Hefepilze enthalten, die sehr fleißig arbeiten. Deshalb geht ein Brotteig mit Hefe vergleichsweise schnell – im wahrsten Sinne des Wortes.
Und so funktioniert es:
- Teig nach Rezept zubereiten
- die Teigschüssel mit einem Geschirrtuch abdecken
- an einen warmen Ort stellen (ideal sind 28–32 °C, keinesfalls über 40 °C – da sterben die Hefepilze ab)
- 30 Minuten gehen lassen
- Brote formen
- eventuell noch einmal 10–20 Minuten gehen lassen
Übrigens: Man kann auch Brot (fast) ohne Hefe backen – mehr erfährst du in unserem Ratgeber.
Sauerteig: Gut Ding braucht Weile!
Der Sauerteig geht das Ganze etwas gemütlicher an. Sauerteigbrote brauchen mehrere Stunden Rastzeit. Der Grund dafür: Sauerteig enthält nicht so viele aktive Hefebakterien wie die frische Hefe. Aber wenn man sich die Zeit nimmt, dann belohnt einen der Sauerteig mit einem aromatischen Brot, das seinesgleichen sucht!
Und so gehst du vor:
- Sauerteig ansetzen
- Sauerteigansatz am Vortag aktivieren
- Sauerteig nach Rezept zubereiten
- Teigschüssel mit feuchtem Tuch oder Frischhaltefolie abdecken
- bei Zimmertemperatur 4–10 Stunden gehen lassen (genaue Dauer abhängig vom Rezept)
- Brote formen und in ein Gärkörbchen oder eine Form geben
- mit feuchtem Tuch oder Frischhaltefolie abdecken
- noch einmal 1–2 Stunden gehen lassen
So erkennst du, ob der Teig fertig gegangen ist:
Drücke deinen Finger leicht in den Teig. Dieser sollte sich locker und elastisch anfühlen und sehr langsam wieder in die ursprüngliche Form zurückkehren. Wenn er schnell wieder nach oben geht, ist der Teig noch zu wenig gegangen. Bleibt die Mulde bzw. fällt sie sogar noch weiter nach unten, ist der Teig zu lange gegangen (übergar).
Hilfe – mein Hefeteig ist nicht aufgegangen, was jetzt?
Entweder du hast die Hefe vergessen (kann passieren!) oder du hast zu heiße Flüssigkeiten (über 40 °C) dazugegeben. Bei zu hohen Temperaturen sterben die Hefepilze nämlich ab. Wenn du die Hefe vergessen hast, kannst du sie nachträglich noch mit ein paar Tropfen lauwarmem Wasser anrühren, zum Teig kneten und dann den Teig noch einmal gehen lassen.
Brot mit langer Teigführung: Schlummert eine ganze Nacht
Kann man Brot am Vortag vorbereiten? Ja, das geht – sogar mit Hefeteig. Wer zum Frühstück Frischgebackenes möchte, kann auch das Brot mit Hefe über Nacht gehen lassen. Hier erfahrt ihr, warum dem Hefeteig eine entspannte Nachtruhe richtig guttut und weitere Infos zum Thema „lange Teigführung“.
Was ist lange Teigführung?
Das Wort „Teigführung“ ist Bäckerlatein und meint so viel wie Teigverarbeitung. Bei der langen Teigführung kommt es zu einer deutlich längeren Gehzeit als sonst (oft über Nacht). Meistens wird die Triebkraft der Hefe verringert, entweder indem man den Teig ins Kalte stellt oder indem man weniger Hefe nimmt – oder auch beides. Bei unserem Rezept von Christina Bauer verwenden wir nur wenig Hefe, das Brot geht aber bei Zimmertemperatur.
Welche Vorteile hat ein Brot mit langer Gehzeit?
Langsam zu sein, ist manchmal durchaus vorteilhaft – so auch beim Brot mit langer Gehzeit. Denn dabei kommst du mit viel weniger Hefe aus wie beim normalen Hefeteig. Das verbessert den Geschmack und außerdem bleibt Gebäck mit wenig Hefe länger frisch.
Ein weiterer Bonus: Durch die lange Gärung ist das Brot leichter verträglich für Personen, die an einem empfindlichen Darm leiden. In der langen Gehzeit werden nämlich bestimmte Zuckermoleküle abgebaut, die Verdauungsprobleme bereiten können.
Hefeteig mit Über-Nacht-Gare: So geht’s
Wie bereits erwähnt, kann man bei der Über-Nacht-Gare die Hefemenge meist um die Hälfte reduzieren. Das gilt natürlich nur, wenn im Originalrezept ursprünglich eine kurze Gehzeit vorgesehen ist.
Und so funktioniert’s:
- Zutaten kurz verrühren (nicht kneten!)
- Teigschüssel mit Frischhaltefolie abdecken
- bei Zimmertemperatur ca. 8 Stunden ruhen lassen
- die Brote formen
- noch einmal ca. 40 Minuten gehen lassen
Übrigens: Mit der langen Teigführung lassen sich sogar Roggenbrote ganz ohne Sauerteig backen. Normalerweise braucht der Roggen ja den Sauerteig, um nicht zusammenzufallen. Mit langer Teigführung und dem passenden Rezept funktioniert es aber auch ohne!
Das folgende Rezept für ein Roggenbrot ohne Sauerteig stammt aus dem Buch „Brot backen mit Christina“ von Christina Bauer.
Brot mit langer Teigführung: Christinas fantastisches Roggenbrot-Rezept ohne Sauerteig
ZUTATEN FÜR 1 BROT
Schritt 1:
- 250 g Roggenmehl 960 (D: 997)
- 5 g frische Hefe
- 300 g kalte Buttermilch
Schritt 2:
- 100 g Roggenmehl 960 (D: 997)
- 150 g Weizenmehl 700 (D: 550)
- 10 g Salz
- 5 g Brotgewürz
- 160 g kaltes Wasser
BACKTEMPERATUR
230 °C Heißluft
BACKZEIT
45 Minuten
ZUBEREITUNG
Vorbereitungsarbeiten am Vortag:
- Alle Zutaten von Schritt 1 abwiegen, nur kurz verrühren (nicht kneten) und mit Frischhaltefolie abdecken. Den Teig 8 Stunden bei Zimmertemperatur rasten lassen.
Am Backtag:
- Die Zutaten von Schritt 2 dazurühren und alles nochmals 2 Stunden zugedeckt bei Zimmertemperatur stehen lassen.
- Den Backofen auf 230 °C vorheizen.
- Aus dem Teig einen Brotlaib formen und diesen auf ein Backblech legen. Das Brot im gut vorgeheizten Backofen ca. 45 Minuten mit viel Dampf backen.
Relax and take it easy: Dein Brot macht’s vor!
Eigentlich kann man sich vom Brot wirklich eine Scheibe abschneiden: Schließlich würden wir alle von ein wenig Ruhe und Entspannung profitieren. Vielleicht ist auch das Brotbacken deshalb so meditativ, weil wir dabei merken, dass Gutes seine Zeit braucht? Ohne den Brotteig gehen zu lassen, kann nämlich kein leckeres Brot entstehen. Je nach Teigart dauert das länger oder kürzer. Die Temperatur sollte dabei warm genug (rund 30 °C), aber niemals über 40 °C sein. Dann können die Hefepilze eifrig arbeiten und deinem locker-flockigen Brot steht nichts mehr im Wege!
Übrigens: Wie dein frischgebackenes Brot möglichst lange schmackhaft bleibt, das erfährst du in unserem Beitrag “Brot richtig aufbewahren – So sorgst du für das laibliche Wohl”.
19 Kommentare zu “Brotteig gehen lassen: Wie viel Ruhe braucht mein Teig?”
Roggenbrot ohne Sauerteig, keine gute Idee! Roggen enthält Giftstoffe die erst durch die Sauerteiggare abgebaut werden!
Danke für deine Rückmeldung! Roggenbrot kann aber tatsächlich ohne Sauerteig gebacken werden – die guten Backeigenschaften, die der Sauerteig normalerweise mitbringt, sind im Rezept durch die Hefe und die Buttermilch gegeben. 🙂
So sehr ich Brot auch liebe, fand ich nie die Motivation frühen Morgens Brot zu backen. Doch durch diesen Beitrag habe ich gelernt, dass dies Abends möglich ist. Wichtig dabei ist, die Hefemenge zu reduzieren, da die Hefepilze viel länger arbeiten! Alternativ kann es auch in den Kühlschrank.
Danke, es freut uns sehr, dass dir unser Beitrag weitergeholfen hat. 🙂
Hallo, ich habe meinen Hefeteig nach dem Kneten direkt in eine Brotbackform gegeben und ihn dort gehen lassen. Und nach 1 Stunde direkt abgebacken. Ist toll geworden. Oder hätte ich ihn nochmal durchkneten müssen?
Hallo Irene, sehr schön, dass dein Brot gelungen ist. Der Teig muss nach dem Ruhen meist nicht noch mal geknetet werden, sondern kann direkt in in den Backofen. 🙂
Liebe Grüße, Katharina
Schaut sehr lecker aus, habe mir ihr Rezept gespeichert und werde es mal am Wochenende ausprobieren.
Lieben Gruß Imelda
Sehr cool, gutes Gelingen! 🙂
Kann der Teig auch länger als 8 Stunden gehen? Im Beitrag weiter oben steht dass Sauerteig auch zu sauer werden kann.
Sind z.B. 10 Stunden dann schon zuviel bezogen auf das Roggenbrotrezept von Christina?
Liebe Grüße
Lisa
Hallo Lisa, danke für deine Frage. Du kannst deinen Sauerteig ruhig auch 10-12 Stunden stehen lassen, das ist kein Problem. 🙂 Viel Spaß beim Backen und liebe Grüße, Katharina
Ideal ist der Sauerteig nach ca 16 bis 18 Stunden, Übergangen und wieder hungrig ist er nach 24 Stunden.
Wenn das Sauerteigbrot auch länger als angegeben stehen darf(also bei mir über Nacht), sollte es da in den Kühlschrank? Es ist auch ein Anteil von 10g Frischhefe am Teig. Wenn ja, im Gärkörbchen oder abgedeckt in der Schüssel? Viele Grüße Pia
Hallo Pia, danke für deine Frage! 🙂 Auch wenn der Teig über Nacht geht, kannst du ihn draußen stehen lassen – am besten nimmst du weniger Hefe, weil der Teig über Nacht ja länger Zeit hat zu arbeiten. Der Vorteil vom Gärkörbchen besteht darin, dass die Form des Brots erhalten bleibt, wenn das keine Rolle spielt, tut es eine abgedeckte Schüssel auch. Viel Freude beim Backen und Wegknuspern! Liebe Grüße, Katharina
Moin,
ich frag mich immer wieder, was bei der Gehzeit “über Nacht” in Stunden gerechnet heißt. Bei mir wären das dann z.B. (nur) +/- 6 Stunden…
Vielen Dank, Maggy
Hi Maggy, danke für deine Frage! Meist sind damit ca. 8 Stunden gemeint – du kannst ihn aber auch 6 Stunden ruhen lassen und einfach ein bisschen mehr Hefe verwenden. Viel Spaß beim Backen 🙂
Hallo,
wie weit muß ich denn den Sauerteiganteil reduzieren, wenn ich ihn mit dem restlichen vermischt nochmal über Nacht gehen lassen will?
Danke für deine Frage! Das hängt vom Rezept ab, das du verwendest – in vielen Rezepten ist aber eine lange Garzeit angegeben und dann kannst du den Teig über Nacht gehen lassen. Liebe Grüße, Katharina
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[…] „Fenstertest“. Dazu nimmt man eine kleine Menge Teig zwischen Daumen und Zeigefinger und zieht ihn vorsichtig auseinander. Wenn der Teig dünn genug ist, um fast […]
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