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Selbstversorgung im Winter
Janina
BEITRAGSAUTORIN: Janina | KATEGORIE: Natürlich & nachhaltig leben | 14.08.2024

Selbstversorgung im Winter – Interview mit Til Genrich

Selbstversorgung nur im Sommer? Denkste! Mit Til Genrich und seinem neuen Buch „Selbstversorgung im Winter“ kannst du das ganze Jahr über für deine eigenen Lebensmittel sorgen und dich von der Lebensmittelindustrie ein Stück unabhängig(er) machen.

Im folgenden Interview verrät unser Autor, wie er zur Selbstversorgung gekommen ist, was sie für ihn bedeutet, welche Herausforderungen dabei auftreten können und wie auch du den Schritt in Richtung Selbstversorgung wagen und Farbe in deinen Winter bringen kannst.

Til, woher kommt deine Passion für das Gärtnern und wo hast du dein Know-how her?

Die Leidenschaft hat sich im Laufe der Jahre immer weiterentwickelt. Als kleiner Junge habe ich bei meinen Eltern im Garten bereits mithelfen dürfen, das hat mein Interesse geweckt. Ich bin dann drangeblieben und habe mir durch mein naturwissenschaftliches Studium, Weiterbildungen, Workshops und im Selbststudium unzähliger Bücher mehr und mehr Wissen angeeignet. Dieses Wissen versuche ich nun, selbst an andere weiterzugeben.

Du betreibst gemeinsam mit deiner Familie einen ca. 3000 qm großen Garten. Wie seid ihr dazugekommen und wie ist dann dein Selbstfairsorger Garten entstanden?

Der Garten war bereits in Besitz meiner Eltern, wir sind auf das Grundstück gezogen als ich geboren wurde. Im Laufe der Jahre haben wir den Garten immer weiterentwickelt: mehr Bäume gepflanzt, mehr Anbauflächen angelegt, mehr Naturmodule integriert und so ein ganzheitliches Gartenökosystem geschaffen. Die finale Geburtsstunde für unseren „Selbstfairsorger Garten“ war während der Coronazeit 2020. Da ist uns klar geworden, dass wir uns unabhängiger machen wollen. Seit 2021 haben wir unser eigenes Wohnhaus auf dem Grundstück gebaut und nun wohne ich gemeinsam mit meiner Frau und unserer Tochter hier.

Was bedeutet für dich Selbstversorgung?

Unabhängigkeit – in jeglicher Hinsicht. Ganz gleich, ob man es „nur“ auf den Anbau von Lebensmitteln bezieht, oder auch auf andere Lebensbereiche wie beispielsweise die Gewinnung von Naturmaterialien für handwerkliche Arbeiten und Produkte.

Wo stößt du mit der Selbstversorgung auch mal an die Grenzen und wie gehst du damit um?

Ja, Grenzen gibt es definitiv überall. Und das, obwohl wir uns zu großen Teilen selbst ernähren können. Hier finde ich es wichtig, sich nicht selbst zu geißeln und auch mal ein Auge zudrücken zu können. In der Familie lieben wir beispielsweise alle Mango und Avocado – die haben wir aber leider (noch) nicht in unserem Selbstfairsorger-Garten. Wenn wir nicht darauf verzichten wollen, kaufen wir diese eben zu – dann aber fair und nachhaltig ohne Ausbeutung der Einheimischen, dafür mit möglichst kurzen Transportwegen aus Europa. (z. B. über gebana oder crowdfarming)

Für viele Menschen ist es ein Traum sich selbst und andere zu versorgen bzw. zumindest damit in kleineren Bereichen anzufangen. Hast du Tipps, wie man als Einsteiger*in am besten mit der Selbstversorgung starten kann?

Indem man kleine Schritte macht und nicht gleich die vollumfängliche, perfekte Selbstversorgung anstrebt. Wenn ich als Anfänger*in „nur“ Erfolg mit Tomaten und Zucchini habe – wunderbar! Dann bist du vermutlich für 3–4 Monate im Jahr selbstversorgt mit Tomaten und Zucchini. Mit jedem Gartenjahr werden die Prozesse von der eigenen Aussaat bis zur Ernte leichter von der Hand gehen und man kann immer mehr Kulturen dazu nehmen. Wir bauen jährlich über 150 verschiedene Arten und Kulturen – inklusive Obst, Gemüse, Kräutern und Pilzen –an. Damit hätten wir auch zu Beginn niemals auf einen Schlag anfangen können!

Köstlichkeiten aus dem eigenen Vorrat. Foto: © Löwenzahn Verlag/Fabian Weiss

Du gibst auch Kurse zum Thema Gartengestaltung und Selbstversorgung: Welche Fragen werden dazu am häufigsten gestellt?

Es gibt kaum gleiche Fragen, da jeder Garten und die Wünsche der Besitzer*innen so unterschiedlich sind. Häufig kommt allerdings die Frage, wie mehr Ertrag bei weniger Aufwand generiert werden kann. Das schafft man, indem man den Garten und die lokalklimatischen Gegebenheiten genau analysiert und darauf basierend ein Vegetationskonzept entwirft. Das ist mein Job, den ich als Landschaftsarchitekt gelernt habe. Dieses Wissen hilft mir enorm dabei, die Gärten nicht nur ertragreicher, sondern auch ästhetisch ansprechender zu gestalten.

Wie ist dir die Idee zu deinem ersten Buch zum Thema „Selbstversorgung im Winter“ gekommen?

Die Idee wuchs aus dem eigenen Frust, im Winter nichts ernten zu können. Vermeintlich! Denn es lag nicht daran, dass es nicht funktionieren würde, sondern vielmehr am mangelnden Wissen meinerseits. Also habe ich mich auf die Suche gemacht, was man für den Winter anbauen kann, sowohl drinnen als auch draußen. Das reicht von Microgreens und Pilzen bis hin zu Winterportulak und Grünkohl. Im Verlauf habe ich dann entdeckt, dass noch viel mehr dazu gehören kann als der eigene Obst- und Gemüseanbau. Die Natur schenkt uns in den kalten Monaten auch mit Wildkräutern, Wurzeln und Knospen wertvolle Nährstoffe. Außerdem können wir ja noch von den haltbargemachten Lebensmitteln aus dem Sommer und Herbst zehren. Eine unglaubliche Vielfalt, die uns der Winter also in der Selbstversorgung bieten kann! Und das wollte ich gerne anderen Gärtner*innen bewusst machen, die eine solche Fülle im Winter vielleicht gar nicht für möglich gehalten hätten.

Hochstapeln ist angesagt! Foto: © Löwenzahn Verlag/Fabian Weiss

Welche Vorurteile halten sich hartnäckig zum Thema „Selbstversorgung im Winter“ und was sagst du dazu?

Ein häufiges Vorurteil ist, dass man doch im Winter nichts anbauen kann. Das stimmt aber so nicht. Drinnen ist man ohnehin komplett witterungsunabhängig. Und der Anbau in den Gemüsebeeten lebt natürlich vom Wachstum in den Sommer- und Herbstmonaten. Ich kann das Wintergemüse nicht erst im November oder Dezember aussäen. Dann ist es dafür viel zu spät. Der große, namensgebende Vorteil von Wintergemüse ist die Frostfestigkeit in den kalten Monaten, auch bei Minusgraden standfest und am Leben zu bleiben. Dann kann man immer wieder frische Ernten erzielen.

Was war dein persönlich größtes Learning im Prozess zum Selbstversorger?

Mein größtes Learning war die unglaubliche Variabilität der Natur dulden und schätzen zu lernen. Jedes Gartenjahr hat in Sachen Witterung und Schädlinge seinen ganz eigenen Charakter und dementsprechend gelingen manchmal die einfachsten Kulturen nicht, die in anderen Jahren wie von selbst wachsen. Es heißt also geduldig bleiben, denn nicht immer liegt ein Misserfolg am eigenen Versagen, sondern kann in vielen anderen Umständen begründet sein. Im nächsten Jahr läuft es dann manchmal wieder ganz anders. Man benötigt natürlich dennoch die Fähigkeit, eigene Fehler zu erkennen und daraus zu lernen.

Alles was das Selbstversorger*innenherz begehrt. Foto: © Löwenzahn Verlag/Fabian Weiss

Wie viel Zeit muss in die Selbstversorgung gesteckt werden?

Das hängt natürlich ganz von den Ambitionen jedes*r Einzelnen ab. Und wie vollumfänglich man die Selbstversorgung denkt. Das beginnt schon bei der Anzucht. Wenn ich zum Beispiel Gemüsepflanzen nicht kaufe, sondern mit der Aussaat im zeitigen Frühjahr beginne, dann habe ich wesentlich mehr Arbeit für die Anzucht. Dafür bin ich aber von Anfang an dabei – auf der Reise vom Samenkorn bis zur Ernte. Wenn ich dann wieder eigenes Saatgut während der Ernte nehme, schaffe ich einen eigenen Kreislauf. Diese Unabhängigkeit vom Saatgutmarkt ist für uns ein wichtiger Teil der Selbstversorgung. Noch ein kleiner Tipp zum Ende: Häufig wird nur die Arbeitszeit während der Anzucht und Pflege von Pflanzen gesehen. Was aber mindestens genauso viel Arbeit macht, ist die Verarbeitung und Haltbarmachung der eigenen Ernte. Diese Zeit ist aber sehr gut investiert, weil man damit die Ernte aus dem eigenen Garten für einen späteren Zeitpunkt veredeln kann.

Gibt es wirklich eine 100%ige Selbstversorgung und wie realistisch bzw. „Alltagstauglich“ ist das?

Natürlich wird es immer Grenzen geben, was die vollständige Selbstversorgung betrifft. Das betrifft die Sommermonate genauso wie die Wintermonate. Es ist schwer bis unmöglich, Getreide und Hülsenfrüchte aus eigenem Anbau in bedarfsdeckenden Mengen zu gewinnen. Ohne Erntemaschinen zum Mähen und Dreschen ist kaum ein nennenswerter Ertrag möglich. Aber mit einem Zusammenschluss mehrerer ambitionierter Selbstversorger, die sich auf verschiedene Kulturen spezialisieren und die entsprechende Technik stellen können, wird es schon realistischer.

Tierische Produkte wie Milch, Eier und Fleisch können die Selbstversorgung – wenn man das denn möchte – erleichtern, denn grundsätzlich ist es sehr gut möglich, im Garten eigene Tiere zu halten, zum Beispiel Hühner, Ziegen oder Schafe.

Meine Familie und ich ernähren uns allerdings schon seit Jahren pflanzenbasiert, dementsprechend spielen tierische Produkte keine Rolle für unsere Selbstversorgung.

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