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Titelbild mit Text: Degrowth
Janina
BEITRAGSAUTORIN: Janina | KATEGORIE: Natürlich & nachhaltig leben | 26.06.2024 | aktualisiert: 05.06.2024

Degrowth: Kein unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten

Höher, schneller, weiter? Nein danke! Unser derzeitiges Wirtschaftssystem stößt an seine Grenzen – unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten ist schlichtweg nicht möglich. Hier setzt die Degrowth-Bewegung an, die das gegenwärtige Wachstumsparadigma kritisch hinterfragt. Statt des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sollte das Wohl der Gemeinschaft, ein besseres Leben für alle, Nachhaltigkeit im besten Sinne und eine gerechtere Welt im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Bestrebungen stehen. Also tauche ein, in eine Realutopie, von der wir alle profitieren und mit deren Hilfe, wir eine gerechte Zukunft gestalten können.

Inhalt:
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Definition und Ziele der Degrowth-Bewegung
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Unendliches Wachstum? Deshalb braucht es Degrowth
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Grünes Wachstum als Lösung?
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So kann Degrowth in der Praxis aussehen
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Kritik an der Degrowth-Bewegung
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Realutopie - jetzt!

Definition und Ziele der Degrowth-Bewegung

Degrowth bezeichnet eine Wirtschafts- und Gesellschaftsform, die darauf abzielt, das Wohlergehen der Menschen und den Erhalt der ökologischen Lebensgrundlagen zu fördern, ohne auf ständiges Wirtschaftswachstum angewiesen zu sein. Konkret geht es um folgende Ziele:

  • Reduktion des Ressourcenverbrauchs:
    Ein Hauptziel ist die Verringerung des Verbrauchs natürlicher Ressourcen und der Umweltbelastungen, um ökologische Nachhaltigkeit zu erreichen.
  • Wohlbefinden statt Wachstum:
    Statt auf kontinuierliches Wirtschaftswachstum soll der Fokus auf das Wohlbefinden der Menschen und die Sicherung der Lebensqualität gelegt werden.
  • Soziale Gerechtigkeit:
    Degrowth strebt die Beseitigung sozialer Ungleichheiten und die Förderung von Solidarität und Kooperation innerhalb der Gesellschaft an.
  • Demokratische Teilhabe:
    Eine stärkere Einbindung der Bevölkerung in politische Entscheidungen und die Förderung von Basisdemokratie sind ebenfalls zentrale Ziele.
  • Lokale Wirtschaftskreisläufe:
    Die Förderung regionaler und nachhaltiger Wirtschaftskreisläufe soll die Abhängigkeit von globalen Märkten verringern und die Resilienz der Gemeinschaften stärken.

Degrowth stellt das gegenwärtige Immer-mehr-Paradigma infrage und setzt stattdessen auf eine Kultur der Bedachtsamkeit, Solidarität und Kooperation. Ziel ist es, ein gutes Leben für alle zu ermöglichen und die natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren.

Unendliches Wachstum? Deshalb braucht es Degrowth

Aber warum braucht es diesen Ansatz überhaupt? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, muss das aktuelle Wirtschaftssystem im globalen Norden einmal genauer unter die Lupe genommen werden. Denn aktuell ist das Streben nach Wachstum tief in der Wirtschaft und auch in der Gesellschaft verwurzelt, da es (vor allem von der Wirtschaft selbst) als Schlüssel zur Verbesserung des Lebensstandards und zur Schaffung von Wohlstand betrachtet wird. Hier sind einige Gründe, weshalb es die Degrowth-Bewegung so dringend braucht:

  1. Wirtschaftswachstum zerstört unsere Lebensgrundlagen: Das gegenwärtige Modell des ständigen Wirtschaftswachstums geht mit einem erhöhten Ressourcenverbrauch und steigenden Treibhausgasemissionen einher, was unsere Umwelt belastet und den Klimawandel vorantreibt.
  2. Erneuerbare Energien und Ressourcenverbrauch: Selbst eine Umstellung auf erneuerbare Energien kann den wachsenden Bedarf an Energie und Rohstoffen nicht decken. Dies führt zu weiteren ökologischen Schäden und sozialen Ungerechtigkeiten, insbesondere in Ländern des Globalen Südens.
  3. Soziale Ungerechtigkeit und koloniale Muster: Das derzeitige Wirtschaftssystem basiert auf historischen Ungerechtigkeiten wie Kolonialismus und Ausbeutung. Diese Strukturen bestehen fort und manifestieren sich in anhaltender Ungleichheit und Ausbeutung. Mehr zum Thema findest du in unserem Newsletter „Kolonialismus und Klima“.
  4. Fehlende Zeit für technologische Lösungen: Angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise können wir nicht auf zukünftige technologische Lösungen warten. Es ist notwendig, sofortige Veränderungen in unserem Wirtschaftssystem anzustreben.

Zusätzlich verdeutlicht die ungleiche Verteilung von Geld, dass das derzeitige Wirtschaftswachstum vor allem den Reichen zugutekommt, während der Großteil der Bevölkerung nur wenig davon profitiert. Eine Studie des Weltungleichheitsberichts 2022 zeigt, dass das durchschnittliche Einkommen des oberen 1 Prozents weltweit 144-mal höher ist als das der unteren 50 Prozent. Diese Ungleichheit trägt auch zur Klimakrise bei, da die reichsten 10 Prozent der Weltbevölkerung für etwa 20-mal so viele Treibhausgasemissionen verantwortlich sind wie die ärmere Hälfte.

Das Bruttoinlandsprodukt als Indikator für Wohlstand

Das BIP gilt zwar als weit verbreiteter Indikator für wirtschaftliches Wachstum und wird oft als Maßstab für den Erfolg einer Volkswirtschaft betrachtet, jedoch vernachlässigt es wichtige Faktoren. Das BIP erfasst nicht den Wert unbezahlter Arbeit wie Kindererziehung oder ehrenamtliche Tätigkeiten, die einen erheblichen Beitrag zum gesellschaftlichen Wohlbefinden leisten. Wenn beispielsweise Eltern entscheiden, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, oder wenn ein Investmentbanker seinen Beruf aufgibt, um ehrenamtlich in einem Altersheim zu arbeiten, führt das zu einem Rückgang des BIP, obwohl es sich um gesellschaftlich wertvolle Aktivitäten handelt.

Darüber hinaus kann das BIP durch negative Ereignisse wie Naturkatastrophen oder Gesundheitsprobleme verzerrt werden. Wenn beispielsweise eine Flut Tausende von Häusern zerstört, führt der anschließende Wiederaufbau dieser Häuser zu einem Anstieg des BIP, obwohl die Flut selbst eine Katastrophe war, die Menschenleben kostete und erhebliche Schäden verursachte.

Insgesamt vernachlässigt das BIP viele wichtige Aspekte der Gesellschaft und Umwelt und kann sogar dazu beitragen, bestehende Ungleichheiten und Umweltprobleme zu verstärken.

Grünes Wachstum als Lösung?

Bei der Diskussion rund um Degrowth kommen immer wieder Stimmen auf, die nicht das Wachstum selbst kritisch sehen, sondern die Umweltverschmutzung, die damit einhergeht. Also wie wäre es mit Wachstum aber grün? Klingt erstmal wie ein guter Plan. Denn wenn das Wachstum durch den Einsatz erneuerbarer Energien und andere umweltfreundliche Technologien nachhaltiger gestaltet wird, muss das Wirtschaftswachstum selbst doch nicht infrage gestellt werden. Oder?

Doch! Hier sind fünf Gründe, weshalb auch „grünes Wachstum“ nicht zu einer gerechteren und vor allem zukunftsfähigen Welt für alle führt:

  1. Absolute Entkopplung als Illusion:
    Grünes Wachstum basiert auf der Idee, dass Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch bzw. Umweltzerstörung voneinander entkoppelt werden können. Diese absolute Entkopplung ist in der Praxis aber nicht wirklich erreichbar: Studien zeigen, dass Effizienzsteigerungen und technologische Innovationen zwar zu relativen Einsparungen führen, diese jedoch oft durch erhöhten Konsum und Produktion (Rebound-Effekt) wieder aufgezehrt werden.
  2. Ressourcengerechtigkeit:
    Grünes Wachstum neigt dazu, die Bedürfnisse und Rechte ärmerer Länder und Bevölkerungsgruppen zu vernachlässigen. Die Degrowth-Bewegung betont die Notwendigkeit einer globalen Ressourcenverteilungsgerechtigkeit. Wohlhabende Nationen im globalen Norden müssen ihren Ressourcenverbrauch drastisch reduzieren, um den Ländern im globalen Süden eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen.
  3. Kultureller Wandel:
    Degrowth fordert einen umfassenden kulturellen Wandel, der über rein technische Lösungen hinausgeht. Es geht darum, Werte wie Achtsamkeit, Solidarität und Kooperation zu fördern, ohne auf alles verzichten zu müssen. Das Ziel soll neu definiert werden: weg von materiellem Wohlstand hin zu einem guten Leben für alle innerhalb der planetaren Grenzen. Grünes Wachstum konzentriert sich hingegen hauptsächlich auf wirtschaftliche und technische Anpassungen innerhalb des bestehenden Systems.
  4. Systemische Veränderung:
    Grünes Wachstum zielt darauf ab, das derzeitige Wirtschaftssystem beizubehalten und lediglich „grüner“ zu gestalten. Die Degrowth-Bewegung sieht jedoch das gegenwärtige Wirtschaftssystem als grundlegend problematisch an, da es auf Wachstum, Wettbewerb und Konsum ausgerichtet ist, was letztlich zu Umweltzerstörung und sozialer Ungleichheit führt. Degrowth strebt daher eine grundlegende Veränderung des Wirtschaftssystems an, um eine nachhaltigere und gerechtere Gesellschaft zu schaffen.

So kann Degrowth in der Praxis aussehen

Das hört sich alles in der Theorie logisch und nachvollziehbar, aber auch wie eine Utopie an? Natürlich ist das Umdenken unseres kompletten Wirtschaftssystems nichts, was von heute auf morgen und nur von einzelnen Personen vollbracht werden kann. Hierfür braucht es Entscheidungen in der Politik und eine Übernahme der Verantwortung von Industrienationen. Aber auch im Kleinen kann bereits etwas zum Wandel beigetragen werden. Möglichkeiten Degrowth in die Praxis umzusetzen, zeigen wir dir hier:

  • Solidarische Landwirtschaft (Solawi):
    In solidarischen Landwirtschaftsbetrieben finanziert eine Gemeinschaft einen landwirtschaftlichen Betrieb. Die Produkte werden dann unter den Mitgliedern verteilt, anstatt auf dem Markt verkauft zu werden. Diese Betriebe setzen auf ökologische Anbaumethoden und fördern die regionale Produktion, um Transportemissionen zu reduzieren.
  • Stadtgärten und Urban Farming:
    Stadtgärten bieten eine Plattform für gemeinschaftlichen Anbau und Austausch. Sie ermöglichen es Menschen, ihre eigenen Lebensmittel anzubauen, was die Selbstversorgung stärkt und das Bewusstsein für nachhaltige Landwirtschaft fördert.
  • Repair Cafés:
    Diese Einrichtungen bieten Menschen die Möglichkeit, defekte Gegenstände zu reparieren, anstatt sie wegzuwerfen. Dies fördert eine Kultur des Reparierens und Wiederverwendens, was Ressourcen spart und den Abfall reduziert.
  • Ökodörfer:
    Diese Gemeinschaften leben nach Prinzipien der Nachhaltigkeit und Selbstversorgung. Sie setzen auf erneuerbare Energien, ökologische Bauweisen und gemeinschaftliche Entscheidungsprozesse.
  • Bildung und Bewusstseinsbildung:
    Ein Beispiel hierfür ist die Initiative Psychologists for Future: Sie klären über die psychologischen Aspekte der Klimakrise auf und schaffen Bewusstsein für die Notwendigkeit von Degrowth. Durch Bildung und Sensibilisierung können mehr Menschen für nachhaltige Lebensweisen gewonnen werden.
  • Lokale Produktion und Konsum:
    Unternehmen, die auf lokale Produktion setzen, reduzieren Transportemissionen und stärken die regionale Wirtschaft. Dies kann durch lokale Märkte, Direktvermarktung oder die Unterstützung regionaler Produzenten geschehen.

Kritik an der Degrowth-Bewegung

Die Degrowth-Bewegung ist nicht frei von Kritik, und einige argumentieren, dass ihr Ansatz nicht praktikabel oder sogar schädlich sein könnte. Eine der Hauptkritiken betrifft die Angst vor wirtschaftlichem Stillstand oder Rückgang des Lebensstandards. Gegner des Degrowth-Ansatzes argumentieren, dass eine Abkehr vom Wachstum zu Arbeitslosigkeit, Armut und allgemeinem wirtschaftlichem Niedergang führen könnte. Sie behaupten, dass das Streben nach Wachstum notwendig ist, um Wohlstand zu schaffen und die Lebensqualität zu verbessern. Diese Kritik beruht oft auf der Vorstellung, dass Wirtschaftswachstum zwangsläufig mit menschlichem Fortschritt und Wohlergehen verbunden ist. Das dem nicht so ist, zeigt die Kritik am Bruttoinlandsprodukt. Degrowth geht der grundlegenden Frage nach, was wir wirklich brauchen, um gut leben zu können. Degrowth-Befürworter argumentieren, dass ein Fokus auf nachhaltiges Wirtschaften und Lebensstile langfristig zu einer höheren Lebensqualität führen kann, indem er die Umwelt schützt, soziale Gerechtigkeit fördert und die Resilienz gegenüber wirtschaftlichen Krisen stärkt.

Eine weitere Kritik betrifft die Umsetzbarkeit eines Degrowth-Modells in einer globalisierten Welt. Einige argumentieren, dass eine Abkehr vom Wachstum zu einem Rückgang des globalen Handels und einer Einschränkung der Mobilität führen könnte, was wiederum Entwicklungsländern schaden könnte, die stark vom Export abhängig sind. Dagegen spricht das Streben der Degrowth-Bewegung nach einer Neuausrichtung der Wirtschaft auf lokale Produktion und Kreislaufwirtschaft, was wiederum die Abhängigkeit von globalen Handelsströmen verringern und die Resilienz lokaler Gemeinschaften stärken soll. Dies könnte ärmeren Ländern zugutekommen, indem es lokale Wirtschaften und Ressourcennutzung fördert und sie weniger anfällig für externe Schocks macht.

Realutopie – jetzt!

Angesichts der scheinbar unüberwindbaren Herausforderungen mag die Umsetzung vieler Ansätze der Degrowth-Bewegung auf den ersten Blick unrealistisch erscheinen. Doch sollten wir uns fragen, warum eine Wirtschaft, die sich um das Wohl aller dreht, als utopisch gilt, während wir sehenden Auges auf eine Erderhitzung von 3°C zusteuern. Die Auswirkungen der Klimakrise und die wachsende soziale Ungerechtigkeit verlangen nach radikalen Veränderungen, nach einer Transformation unseres (Wirtschafts-)Systems.

Es ist an der Zeit, das Ruder herumzureißen und gemeinsam für eine bessere Zukunft einzustehen. Die Vorschläge der Degrowth-Bewegung bieten nicht nur eine Möglichkeit, zu retten, was noch zu retten ist, sondern auch soziale Ungleichheit zu reduzieren und uns allen mehr Zeit für das Wesentliche zu verschaffen. Statt uns von der Hilflosigkeit überwältigen zu lassen, sollten wir die Chance ergreifen, uns als Gesellschaft aus dieser Lage zu befreien und ein Wirtschaftssystem zu schaffen, das das Wohl aller im Blick hat.

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